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Kooperation mit russischem StaatskonzernSiemens bleibt Rosatom treu

Zusammen mit Russlands Staatskonzern will Siemens neue AKWs bauen. Das Wirtschaftsministerium hat keine Einwände.

Im geplanten Neubau soll die Technik von Siemens kommen: Kontrollraum des ungarischen AKW Paks Foto: Getty Images

Berlin taz | Dass die Europäische Union bei Erdgas und Öl auf Importe aus Russland angewiesen ist, ist als Problem mittlerweile allgemein bekannt – und seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wird nach Kräften daran gearbeitet, diese Abhängigkeit so schnell wie möglich zu beenden.

Sehr viel weniger Aufmerksamkeit findet die Abhängigkeit bei einem anderen Energieträger: Auch viele europäische Atomkraftwerke sind auf Brennstofflieferungen aus Russland angewiesen. Und zwar so sehr, dass solche Lieferungen nicht nur von den bestehenden Sanktionen ausgenommen sind.

Sogar das Flugverbot für russische Maschinen muss dafür zurückstehen: Weil der übliche Transportweg per Bahn durch die Ukraine kriegsbedingt nicht möglich war, landete vergangene Woche ein Flugzeug mit neuen Brennstäben im ungarischen Papa. Das Überflugverbot für russische Maschinen wurde für diese Maschine in Polen und der Slowakei außer Kraft gesetzt, teilte das ungarische Außenministerium mit.

Doch nicht nur für bestehende Atomkraftwerke russischer Bauart gibt es Ausnahmen von den Sanktionen. Auch der Bau neuer Reaktoren durch den russischen Staatskonzern Rosatom ist trotz des Ukrainekriegs weiterhin vorgesehen, und zwar im finnischen Hanhikivi und im ungarischen Paks.

Und in beiden Fällen ist mit Siemens Energy ein deutscher Konzern in entscheidender Funktion beteiligt. Zusammen mit dem französischen Unternehmen Framatome hat Siemens im Jahr 2019 den Zuschlag für den Bereich Instrumentations and Control erhalten, zu dem die zentralen Sicherheits- und Überwachungseinrichtungen in AKWs gehören.

Es ist völlig unverständlich, dass sich die EU weiter in die Abhängigkeit von Putin begibt

Stefan Wenzel, Grüne

Während es in Finnland angesichts des Ukrainekriegs zumindest eine neue Debatte über das Projekt des russischen Staatskonzerns gibt, will Ungarn auf jeden Fall daran festhalten. „Wenn das Atomkraftwerk nicht gebaut wird, müssen wir uns auf einen brutalen Anstieg der Energiekosten einstellen“, hatte der ungarische Außenminister Peter Szijjarto im März gesagt.

Und auch Siemens Energy sieht offenbar keinen Grund, die Zusammenarbeit mit Rosatom zu beenden. Auf taz-Anfrage erklärte ein Sprecher zwar, das Unternehmen verurteile „die militärische Aggression Russlands“ und unterstützte die verhängten Sanktionen. Zudem erklärt das Unternehmen, es habe „sämtliches Neugeschäft in Russland gestoppt“. Doch für die geplanten Neubauprojekte, die nicht in Russland, aber im Auftrag des russischen Staatskonzerns stattfinden, gilt das demnach nicht; explizit äußern will sich das Unternehmen zur Zukunft dieser Vorhaben auf Anfrage nicht.

Kritik von Grünem

Der atompolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Stefan Wenzel, übt daran scharfe Kritik. „Es ist völlig unverständlich, dass sich die EU mit neuen AKW – geplant, gebaut und finanziert aus Russland – weiter in die Abhängigkeit von Putin begibt“, sagte er der taz. „Europäische Firmen wie Siemens dürfen diese Projekte nicht ermöglichen, sondern müssen konsequent ihre Geschäfte mit russischen Staatskonzernen umgehend kappen.“

Das Bundeswirtschaftsministerium, das von Wenzels Parteifreund Robert Habeck geführt wird, plant allerdings nicht, in dieser Angelegenheit aktiv zu werden. Zwar sei Atomkraft eine „Risikotechnologie“, deren Nutzung Deutschland ablehne, teilte ein Sprecher mit. Die Siemens-Kooperation mit Rosatom sei aber „Ergebnis einer unternehmerischen Entscheidung, die wir nicht kommentieren“.

Wenzel stellt das nicht zufrieden. „Ich erwarte, dass die Bundesregierung sich auf EU-Ebene dafür einsetzt, auch solche nuklearen Neubauprojekte mit Rosatom in die Sanktionen einzubeziehen“, fordert der Grünen-Abgeordnete.

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28 Kommentare

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  • @DANNY SCHNEIDER

    Sie meinen wohl das krampfhafte Festhslten der Nuclear Bros?

    Ich glaube, bei denen sitzt die Ideologie fest im Geldbeutel drin.

  • Hier geht es um ein Geschäft mit Russland und nicht Putin. Man kann nicht sich auf Hinterbeine stellen und alles, was mit Russland läuft, als Putin-Geschäft bezeichnen.

  • "finanziert aus Russland"? Ernsthaft? Die Russen bauen auf ihre Kosten ein AKW in der EU? Das ist aber spendabel von denen. Oder wollen die vielleicht stattdessen Geld verdienen statt spendieren, sodass der Kunde das Projekt finanziert? Könnte es sein, dass der Autor das verwechselt hat?

    • @Graustufen:

      "Finanziert" wird wohl bedeuten, dass das zB über einen Kreditvertrag läuft und damit, dass Russland bzw. russische Firmen gleich doppelt daran verdienen, in Form der Gewinne aus dem Bau und an den Zinsen.

  • Hast du Uranstab in der Hose -



    kannst du petern wie der Große.

  • In Tschernobyl und Fukushima sichert die Atomindustrie Arbeitsplätze und Wohlstand über Jahrhunderte. Die Schadensbekämpfung trägt ebenfalls dauerhaft zur Steigerung des BIP bei. Was will man im Kapitalismus mehr, als win-win Situationen und Staaten, die die Kosten für Schäden und Müll übernehmen müssen, um Unternehmen und Arbeitsplätze nicht zu gefährden?



    Leider plant BMWI Habeck nur für den Krisenfall und auch nur vorübergehend die Enteignung von Energiekonzernen.



    Die Gegenwart macht deutlich, dass nichts dringender wäre, als sämtliche Bereiche staatlicher Daseinsvorsorge den privaten Interessen von Investoren und Spekulanten zu entziehen. Dauerhaft! Von der Energie- und Wasserversorgung bis zum Gesundheits- und Wohnungswesen.

  • Also sehen wir es uns mal an:



    * Die Steuerungen für AKW'S ist eine spezielle Sparte



    * Russland liefert den Reaktor, Siemens die Steuererungstechnik - nach Europa.



    * Warum man keinen Reaktor aus Frankreich oder USA nimmt ist nicht die Entscheidung von Siemens.



    * Wenn es Siemens nicht liefert, Thales, GE,... es gibt genug andere die sicher gerne den Auftrag übernehmen.

    • @danny schneider:

      "es gibt genug andere die sicher gerne den Auftrag übernehmen."



      Es gibt immer Andere die gern bereit sind mit Putin, den Taliban, Kim etc. Geschäfte zu machen, so wie es auch immer Andere gibt die ihr Geld allzu gern mit dem Handel von Drogen, Waffen, Organen oder Menschen verdienen. Dass notwendige Minimalstandards, gleich welcher Art, irgendwo von irgendwem unterschritten werden ist einfach kein gutes Argument, das Race-to-the-Bottom kennt keine Gewinner.

  • Die Kriegsgewinnler köcheln weiter ihr Süppchen.

  • Nichts anderes habe ich erwartet.



    Moral ist nur ein Wort.

  • 9G
    97627 (Profil gelöscht)

    „Ergebnis einer unternehmerischen Entscheidung, die wir nicht kommentieren“ - Hab ich doch schon mal so in etwa gehört. Was war das noch. Nord.. Nord.. strom? stream? Drei? Zwei?

  • 9G
    97627 (Profil gelöscht)

    In Finnland gibt es nicht nur eine Debatte, sondern die Baulizenz wird soweit nicht gegeben.

  • Oh je, sind die EU und die USA verlogen! Ein Embargo für russisches Uran will niemand in der EU oder USA, da Atomstrom dann viel zu teuer werden würde. Russisches Gas nein, aber russisches Uran ja. Wenn Putin seinen Krieg also nicht mit russischem Gas finanziert, dann halt mit russischem Uran. Na, das klappt ja super mit den Sanktionen! Putin hat sicherlich selten so gut gelacht ...



    Wir sollten uns sofort ergeben und unter russisches Protektorat stellen, wenn die NATO Staaten nicht mal auf Uran aus Russland bereit sind zu verzichten.

  • Super, die EU finanziert dann nicht mit Gasimporten den russchischen Angriffskrieg, sondern mit Uranimporten. Wie bekloppt ist das denn? Aber die blöden Deutschen werden die Zeche schon zahlen und unsere EU Nachbarn kritisieren uns dann auch noch dafür nicht konsequent genug gegen Russland vorzugehen. Veräppeln ist hier noch eine freundliche Umschreibung bei diesem Sachverhalt!

  • @SOLLNDAS: Windkraft und PV sind neuerdings billiger als Atom, schon gehört?

    • @tomás zerolo:

      "Windkraft und PV sind neuerdings billiger als Atom..."



      Im Prinzip ja. Nur gibt's Dezember/Januar kaum Sonne. Die SPEICHERUNG kostet. Und da es bisher weder 100 % Wind und Sonne noch Speicherung gibt, laufen die Wärmepumpen womit?



      (So, jetzt kann ich JavaScript wieder ausschalten und noch ein Strg+Umschalt+Entf hinterherjagen, um das Cookie wieder loszuwerden...)

    • @tomás zerolo:

      das nennt man Ideologie

      • @danny schneider:

        Wenn man neben den Erzeugungskosten die Kosten für Bau, Stilllegung, Rückbau und Entsorgung der radioaktiven Abfälle mit berechnet, ist Atomstrom der teuerste. Das ist die Realität und keine Ideologie.

        • @Andreas J:

          ??? sag ich doch

  • Das wäre ein guter Grund, Siemens auf die Sanktionsliste zu setzen! Das Management hat wohl nix kapiert. DIe USA sollten wohl mal die Daumenschrauben anziehen, damit die umdenken.

  • Naja, irgendwo muss der Strom für die ach so ökologischen Wärmepumpen ja herkommen. Waren die nicht die Lösung, wenn das Erdgas knapp wird?

  • "Siemens bleibt Rosatom treu"



    Nein, Siemens bricht Sanktionsmaßnahmen und fällt dem ukrainischen Widerstand in den Rücken.

  • Das darf doch wohl nicht wahr sein. Ausgerechnet auch noch... die Atomindustrie?

  • Wer AKW baut sollte auch in vollem Umfang für die Entsorgung des verbleibenden Mülls verantwortlich sein.

  • Klar - die Melodie ist bekannt!

    “ Und in beiden Fällen ist mit Siemens Energy ein deutscher Konzern in entscheidender Funktion beteiligt. Zusammen mit dem französischen Unternehmen Framatome hat Siemens im Jahr 2019 den Zuschlag für den Bereich Instrumentations and Control erhalten, zu dem die zentralen Sicherheits- und Überwachungseinrichtungen in AKWs gehören.“

    kurz - “Warum - in aller Herrgotts Namen - haben wir diese zwei -



    Scheißkriege geführt - wo doch heute unsere Wirtschaftsmacht locker bis hinter den Ural reicht!“ Indeed.



    Fragen - die nur einer hören will - der stören will!

    unterm—— 🐺 🐺 mitten im Mai - Dege laß gehn -



    m.youtube.com/watch?v=cJ5ubXELKwM



    “… Was ist dann doch in den Häusern passiert?



    Bisse in Balken und Bett welches Fett



    Hat den Rauchfang verschmiert?



    Wer gab den Wölfen die Kreide, das Mehl



    Stäubte die Pfoten weiß? Welcher Greis



    Glich dem Ziegengebell?



    Und hat sich ein siebentes Geißlein versteckt?



    Wurden Wackersteine im Brunnen entdeckt?



    Viele Fragen, die nur einer hören will



    Der stören will der stören will.…



    &



    August der Schäfer hat Wölfe gehört



    Wölfe mitten im Mai, mehr als zwei



    Und der Schäfer, der schwört



    Die hätten zusammen das Fraßlied geheult



    Das aus früherer Zeit, und er schreit



    Und sein Hut ist verbeult



    Schreit: „Rasch, holt die Sensen sonst ist es zu spät



    Schlagt sie tot, noch ehe der Hahn dreimal kräht“



    Doch wer hört schon auf einen alten Hut



    Und ist auf der Hut? Und ist auf der Hut?“

    kurz - Was für le petit cheflereporter Peterle vande 🌑fahrt!



    Unser aller eine eine Frage Spezialist - wo ihm doch schon zB -



    Silicon Valley in die Hose gegangen ist & sein Spezerl Kretsche -



    “Habe keine Probleme Spenden von Südwestmetall anzunehmen!“



    & Siemens ? Ah Geh!



    Gerichtsnotorisch - OLG München für bis in die 90er - daß Siemens post WK II!



    Keinen Großauftrag ohne Bestechung an Land gezogen hat!



    Als ich die angeheiratete Pressesprecherin drob anfrozzelte:



    “Das war ja früher gar nicht strafbar!“



    Gewiß - früher schonn.

    So geht das

  • Wenzel muss sich durchsetzen!

  • Dass die deutsche Stromerzeugung zwar den weltweit mit Abstand höchsten Anteil an Wind- und Solarstrom hat, aber dennoch viele osteuropäische Länder wie Slowakei, Ungarn, Rumänien, Slowenien, Ukraine (selbst zu Kriegszeiten!) ihren Strom mit deutlich weniger CO2/kWh produzieren --- das schmeckt den Grünen halt überhaupt nicht. Die doofen Rest-Europäer muss man von der segensreichen deutschen Strategie durch Sabotage ihrer Klimaschutzmaßnahmen "überzeugen", anders geht's offenbar nicht.

    • @Descartes:

      An ihrem Wohnort wird das erste Endlager in D gebaut.